Vor 9 Jahren haben mein Mann und ich uns entschlossen der Schweiz den Rücken zu kehren und etwas Neues zu versuchen. Das WOHIN war in diesem Moment unwichtig. Wichtig für uns war – WEG.

 

Die einen hielten uns für mutig, die anderen für dumm :-). Wir hatten beide gut bezahlte Jobs in der Schweiz, konnten 2-mal im Jahr in die Ferien fliegen, hatten ein Kind mit einem Krippenplatz und 2 Autos plus Motorrad. Das Einzige was fehlte war für die meisten der Ehering und das Haus. Und das war das “Problem”, es war irgendwie klar wie unser Leben in den nächsten 10 Jahren aussehen würde: 42 Stunden Woche, am Wochenende brauchte es mindestens 1 Tag fürs Nichts-Tun und das erklärte Ziel waren die nächsten Ferien. Also entschlossen wir uns, unser Leben in die Hand zu nehmen und etwas Neues zu wagen – mit allem was dazu gehört – Niederlagen und Erfolge. Haben wir irgendetwas bereut? Klare Antwort: NEIN, maximal, dass wir das so spät gemacht haben!

Bin ich Auswanderin, Expat, digitale Nomadin?

  • Ich bin ausgewandert! Vor knapp 18 Jahren bin ich von Deutschland in die Schweiz ausgewandert, noch ganz unspektakulär mit dem LKW über die Grenze.
  • Ich bin ans andere Ende der Welt gezogen! – Einfach mal die Welt von der anderen Seite sehen, das war das Ziel, als wir nach Neuseeland gezogen sind. Dort haben wir gelebt, gearbeitet und uns heimisch gefühlt.
  • Ich war Expat in Singapur! Dort habe ich das “Schlaraffenland” für Erwachsene in vollen Zügen genossen.
  • Ich bin eine Rückkehrerin! Eine weltweite Pandemie hat unserer Reiselust ein Ende gesetzt und wir mussten an einen sicheren Ort zurückkehren.
  • Ich bin digitale Nomadin! Das war ein Ziel, das ich mir gesetzt hatte, als es hiess, wir gehen nach Europa zurück. Damit habe ich die Möglichkeit, mein Business mitzunehmen.

Wenn “Heimat” eine Person ist und kein Ort – das ist Liebe.

Manchmal fragen mich Leute: Wo ist deine Heimat? Wo fühlst du dich am wohlsten? Wo bist du zu Hause?

Das sind Fragen auf die ich keine Antwort weiss und auf die ich mich auch nicht festlegen will. Ich möchte mein Gefühl von Heimat, von zu Hause, nicht an einem Ort festmachen.

Irgendwann habe ich für mich entschieden, dass ich dort zu Hause bin, wo wir uns wohlfühlen. Dieser Ort ist weder die Schweiz noch Deutschland, der Ort, der dem am nächsten kommt ist, glaube ich Neuseeland.

Momentan ist die Schweiz wieder unsere Heimat. Wir – das sind mein Mann, ich und unsere 2 Söhne (11 und 5 Jahre alt) und seit dem letzten Jahr auch zwei junge Kater.

Ich kann nicht einmal sagen, warum ich dieses ortsgebundene Gefühl von Heimat nicht habe, es ist auch nicht zwingend der Drang, alles hinter mir zu lassen, sondern mehr das Gefühl, dass die Welt so gross ist und so viel zu bieten hat, dass es mir wie Verschwendung vorkommt, das Leben an einem Ort zu verbringen. Ich kann von Glück sagen, dass ich einen Mann gefunden habe, der das mitmacht.

Alles auf Anfang

Der Start in ein Leben in einem neuen Land ist nie leicht. Egal wie gut man vorbereitet ist, es braucht Geld, Geduld, den Willen, es zu schaffen, und man muss sich darüber im Klaren sein – es hat niemand auf einen gewartet.

Mein Hang zu Organisation und Struktur sind bei unserem Abenteuer nicht von Nachteil gewesen und haben das Stresspotenzial extrem minimiert. Gerade die letzte Reise von Singapur in die Schweiz stand unter einem besonderen Stern. Inmitten einer weltweiten Pandemie mussten wir innert 3 Monaten entscheiden, wo es als Nächstes hingeht und alles inklusive Container organisieren. Das war nicht einfach, zumal wir nie 100% wussten, wo die Reise enden wird. Es war für mich ein entscheidender Vorteil, dass es nicht der erste Umzug war und dass ich irgendwann gelernt habe, dass ich nicht alles kontrollieren kann. Ich kann Vorbereitungen treffen und versuchen, soviel wie möglich zu organisieren, aber es gibt immer Variablen, die man nicht beeinflussen kann, und da gilt es pragmatisch zu bleiben und Schritt für Schritt weiter zu machen.

Carpe Diem – Nutze den Tag

Auch wenn ich es liebe zu planen und zu organisieren – ich lebe für den Moment. Ich geniesse jeden Moment meines Lebens, die Zeit mit meinem Mann und meinen Kindern und überlasse auch dem “Nicht-Geplanten” Raum.

Ich habe im Laufe der letzten 7 Jahre viel gelernt, auch über mich selbst. Und ich habe gelernt, nichts auf morgen zu verschieben. Das Leben ist zu kurz, um auf den perfekten Moment zu warten. Es ist zu kurz, um Sachen aufzuschieben und nichts ist unmöglich.

Ja, es ist nicht immer einfach – man startet immer wieder von Neuem – gerade in Singapur hatte ich damit meine Probleme. Viele kommen für ein paar Jahre nach Singapur und gehen dann wieder, ich habe innert 2 Monaten 2 meiner besten Freundinnen verloren, weil sie weggezogen sind und ich hatte irgendwann keine Lust mehr, neue Leute kennenzulernen. Stattdessen habe ich angefangen zu studieren und meine Zeit in meinen “Bachelor of international Management” investiert.

Ich nutze jede Möglichkeit zum Netzwerken, manchmal ist aus den komischsten Situationen heraus eine engere Verbindung geworden, egal in welchem Land wir waren. Netzwerken privat und beruflich hat für mich einen unheimlich grossen Stellenwert bekommen, aber das ist auch etwas, was ich erst lernen musste. Gerade mein soziales Netzwerk ist unheimlich wichtig für mich geworden – nur so war ich in der Lage, gewisse Situationen in der Vergangenheit und auch heute zu meistern.

Ich habe im Laufe der letzten 7 Jahre aufgehört, mich über Status, Herkunft, Pass, familiären Status oder Hautfarbe zu definieren. Ich habe gelernt, mich von Sachen zu trennen und nichts auf die lange Bank zu schieben. Ich habe gelernt, mich über Momente zu freuen, Geld zu sparen (das hat uns beim letzten Mal den A**** gerettet) und Geld auszugeben. Als Familie versuchen wir Erlebnisse zu sammeln und nicht Gegenstände, dieses Jahr haben wir zum Beispiel mit einem Ausflug zur Husky Lodge gestartet und hatten dort 2 unvergessliche Tage inklusive Husky-Pflege, einer ausgiebigen Hundeschlittenfahrt und einem Raclette Abend. Wir schwärmen noch heute von diesem wunderbaren Weihnachtsgeschenk.

Neuseeland – am anderen Ende der Welt

Unsere erste Reise führte uns nach Neuseeland – dank dem Job von meinem Mann hatten wir die Möglichkeit, dieses tolle Land hautnah für 4 Jahre zu erleben. Und wir erlebten es von einer Seite, von der niemand erzählt.

Armut, Kinder, die hungrig zur Schule gehen, Familien, die in Garagen wohnen, weil sie sich die Miete in den Städten nicht mehr leisten können, ein unheimlich schwaches Gesundheitssystem, mehr als die Hälfte der Bewohner hat Asthma, weil die Bauqualität der Häuser unwahrscheinlich schlecht ist. Aber wir erlebten auch eine Vielfalt an Nationen und niemand fragt, wo du herkommst, was für ein Auto du hast, eine unglaubliche Herzlichkeit und Kinderfreundlichkeit.

In Neuseeland habe ich mich „heimisch“ gefühlt. Wenn ich wollte, habe ich vom Elend auf der Welt wie Kriege und Politik nichts mitbekommen.

Gearbeitet habe ich in Neuseeland für ein Hotel und für eine Reiseagentur und da fing es an, dass ich überlegt habe: Was will ich eigentlich. Will ich jedes Mal neu anfangen müssen? Kann ich einen Job finden, den ich, egal wo auf der Welt mit Spass und Freude erledigen kann und will? Dank meiner damaligen Firma konnte ich meinen damaligen Job auch remote von Singapur aus erfüllen. Das gab mir am Anfang zum einen die Möglichkeit zeitunabhängig zu arbeiten, zum anderen hatte ich genug Zeit, mich um den Rest wie Eingewöhnung, Wohnungssuche, Erkundung etc. zu kümmern. Denn nach 4 Jahren Neuseeland ging es auf nach Singapur. Mein Mann ist zu dieser Zeit viel gereist und der extra Weg über Australien und dann Neuseeland plus die Zeitverschiebung zum Headquarter waren einfach zu viel und haben ihn an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit gebracht.

Virtuelle Assistentin Jacqueline Basler

Singapur – Schlaraffenland für Erwachsene

Auf unserem Weg nach Neuseeland hatten wir in Singapur einen Stopover und schon da habe ich gesagt, in dieser Stadt will ich einmal leben.

Was soll ich sagen: Disneyland für Erwachsene – 24 h Lieferservice vor die Tür, ein Condo mit Pool, das Meer in dem man baden kann vor der Tür und natürlich unsere heissgeliebten Hawker Center. Singapur ist natürlich ein toller Startpunkt, um Asien zu erkunden und das ohne lange Reisezeiten. Aber ein dominierender Staat, das Eröffnen von einem Bankkonto ist ein sehr langer und nervenaufreibender Weg und auch sonst gibt es gerade für Partner ohne das “richtige” Visa diverse Hürden zu überwinden.

Viele kommen und viele gehen und ich wurde überall gefragt, woher ich komme. In Singapur habe ich das erlebt, was mein Mann tagtäglich in der Schweiz erlebt – er wird angestarrt, weil er äusserlich nicht reinpasst und so ging es mir in Singapur. Die einzige Weisse mit Tattoos und roten Haaren in einem weiten Umkreis, weil wir nicht in der Expat Zone gelebt haben, sondern eher am Rand. Aber auch hier sind Kinder ein Schatz und kein Problem und Singapur ist extrem fortschrittlich und so grün.

Auch in Singapur habe ich wieder von vorne angefangen und gearbeitet. Da man üblicherweise eine Maid zu Hause hat und die Frau somit 100% arbeiten gehen kann, ist es schwierig, Stellen zu finden, die auf weniger ausgelegt sind. Und das war dann ein Problem für mich, denn die Stellen gibt es so gut wie gar nicht und der Jobmarkt ist hart in Singapur.

Singapur ist voll von Expats – die Männer gehen arbeiten und die Frauen, sofern sie nicht auch mit einem Job gekommen sind, haben es schwer, Fuss zu fassen und sich zu entwickeln – persönlich und beruflich. Ich habe Ärztinnen kennengelernt, die trotz super Ausbildung nicht arbeiten konnten, weil ihre Ausbildung nicht anerkannt ist. Ich habe Frauen kennengelernt, die nicht arbeiten gehen konnten, weil sie kein Arbeitsvisa erhalten haben.

Und dann kam eine weltweite Pandemie und Singapur hat ziemlich deutlich gezeigt, dass es seine Bewohner schützt: Expats wurden haufenweise entlassen, Projekte nicht verlängert, Arbeitsvisen verweigert und das bedeutet, man muss innerhalb von 30 Tagen das Land verlassen. Und da kam unser Plan vorerst zum Stehen: back to the roots sozusagen und wir waren wieder zurück in der Schweiz. Unser Erspartes ging drauf für Container, Flüge, Unterkunft, Kaution, 1 Auto. Wir waren nicht krankenversichert, weil wir keinen Wohnsitz in der Schweiz hatten, die Wohnungssuche war eher anstrengend, weil wir oft hörten, dass Kindern nicht erwünscht sind und wir keinen Betreibungsregisterauszug bekamen (nach mehr als 5 Jahren im Ausland bekommt man keinen mehr). Ich war mitten im Einbürgerungsprozess, den ich schon in Singapur gestartet hatte und dieser hätte eigentlich schon längst fertig sein sollen. Um nur ein paar Komplikationen zu nennen.

Virtuelle Assistentin Jacqueline Basler

Schweiz – Kulturschock

Der befürchtete Reverse Culture Shock (also der Kulturschock, der einen oft erwartet bei der Rückkehr ins eigene Land), hatte mich ziemlich lange im Griff. Die Umstände unserer plötzlichen Rückkehr haben sicherlich nicht dazu beigetragen, diesen zu mindern. Im Grunde war alles vertraut und doch so fern – ich habe mich in den Jahren am anderen Ende der Welt verändert, meine Einstellung zum Leben und zum Thema Freundschaft hat sich geändert und manche kamen damit nicht zurecht bzw. ich kam damit nicht zurecht und so haben es nicht alle Freundschaften über diese Phase geschafft. Dafür versteht man sich mit anderen Freunden viel besser als vorher und es ist total egal, wo und wie lange man weg gewesen ist – es ist einfach wie früher, mit Unterbruch und ein paar Kindern mehr im Anhang auf beiden Seiten.

Unsere Rückkehr in die Schweiz ist eine Reise mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Es gibt viele Sachen, die ich hier geniesse und mindestens genauso viele Dinge, die ich vermisse.

Vorteile

  • Unsere langjährigen Freunde und Familie sind nah.
  • Ich konnte mir meine jetzige Selbständigkeit aufbauen.
  • Es gibt keine Erdbeben – kein Notfallrucksack zu Hause, keine Earthquake Trainings in der Schule.
  • Käse und Salami gibt es in Hülle und Fülle 🙂
  • Die Menschen sind pünktlich und verlässlich.
  • Es gibt eine funktionierende Demokratie und ich darf wählen gehen.

Nachteile

  • Ich brauche für alles ein Auto und Taxi fahren ist unfassbar teuer.
  • In Sachen Lieferservice, essen to go und Technik steckt die Schweiz noch in den Kinderschuhen.
  • Ganztagsschulen sind auf dem Land kein Thema.
  • Ich vermisse es, am Sonntag die Möglichkeit zu haben durch die Stadt zu bummeln und Einkäufe zu erledigen.
  • Die Lebenshaltungskosten sind unwahrscheinlich hoch, selbst verglichen mit Neuseeland und Singapur.
  • Die Menschen meckern zu viel und sind unzufrieden.
Virtuelle Assistentin Jacqueline Basler

Wenn der Plan nicht funktioniert, ändere den Plan, aber nie das Ziel.

Und auch in der Schweiz kam die Frage auf: Was mache ich jetzt? Mitten in einem Vollzeitstudium mit einem schulpflichtigen Kind und einem Kindergartenkind, die beide (entgegen meiner Erfahrung in Neuseeland und Singapur) nicht ganztags betreut werden. Was sind meine Optionen zum Arbeiten, ohne dass ich von der Kinderbetreuung abhängig bin? Die Entscheidung stand dann irgendwann, dass für mich genau jetzt der richtige Moment ist, um meine Selbstständigkeit zu starten. Seit Januar 2021 habe ich mein Business als virtuelle Assistentin, das mir die Möglichkeiten gibt, Studium, Kinder und Arbeit zu vereinbaren. Für den Moment ist das super und in einem Jahr werde ich hoffentlich mein Studium abgeschlossen haben und dann die Karten neu mischen. Auf jeden Fall bin ich froh, eine Option zu haben, wenn wir uns auf das nächste Abenteuer begeben sollten. Wir werden sehen, was das nächste Jahr so mit sich bringt 🙂

Habe ich es jemals bereut? Nein. Unser Entschluss vor 9 Jahren war genau der richtige für uns als Paar, als Familie und als Individuen. Was würde ich persönlich anders machen? Die Themen Rente und Job sind verbesserungswürdig und hätten mehr Aufmerksamkeit bedurft.

Unser Leben ist mit dem Entscheid zu “gehen” nicht weniger intensiv geworden, wir arbeiten nicht weniger und auch die Beziehung wird nicht einfacher, aber wir geniessen das Leben jetzt anders. Wir geniessen den Moment und sind glücklich mit dem was wir haben.

    Virtuelle Assistentin Jacqueline Basler

    Über die Autorin

    Ich bin Jacqueline, virtuelle Assistentin auf selbständiger Basis, Familienmanagerin und bis vor kurzem Studentin für einen Bachelor of international Management im Fernstudium.

    Während meiner Zeit als Geschäftsleitungsassistentin habe ich gemerkt, dass ich gerne plane, organisiere und strukturiere und das Talent habe, anderen Menschen das Leben “administrativ” zu erleichtern.

    Meine Mission als VA ist es, meinen Kundinnen durch meine Unterstützung mehr Freiheit, Leichtigkeit und Zeit zu schenken – für eine bessere Work-Life-Balance!

    Ich bin strukturiert und organisiert und habe immer ein Lächeln im Gesicht. In neue Software und Systeme kann ich mich sehr schnell einarbeiten und denke nicht nur über Prozesse nach, sondern entwickle sie auch gerne (mit dir) weiter.

    Wenn du mehr über meinen Background sowie meine WORK – LIFE – BALANCE wissen möchtest, schau doch gern mal auf der Seite Das bin ich!vorbei